In Zeiten explodierender Kosten ist Planungssicherheit wichtiger denn je. Für ein gewisses Maß an Sicherheit am Bau sorgt unter anderem die Preisgleitklausel. Sie ermöglicht dem Auftragnehmer eine flexiblere Preisgestaltung, darf aber nicht willkürlich formuliert werden, um auch den Auftraggeber zu schützen. Was es laut Gesetz zu beachten gilt, wie eine Preisgleitklausel in Angebot und Vertrag aufscheinen sollte und Tipps zur Berechnung finden Sie in diesem Beitrag.
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- Was versteht man unter Preisgleitklausel?
- Wann sind Preisgleitklauseln erlaubt bzw. notwendig?
- Sonderregelungen zur Preisgleitklausel seit 2022
- Formulierung der Preisgleitklausel: Muster für Angebot & Bauvertrag
- Preisgleitklausel berechnen: Musterbeispiel
- BauMaster behält die Mehr- und Minderkosten für Sie im Blick!
- Preisgleitklauseln mit Maß und Ziel einsetzen
- FAQ – Preisgleitklausel
Was versteht man unter Preisgleitklausel?
Eine Preisgleitklausel dient zur Wertsicherung für den Auftragnehmer. Mit dieser Klausel behält er sich vor, den Preis seiner Leistung anzupassen, falls seine eigenen Kosten steigen. Am Bau bedeutet das z. B., dass bei steigenden Lohn- oder Materialkosten die Arbeiten einer Baufirma teurer werden als zum Zeitpunkt des Angebots vereinbart.
Es gibt zwei verschiedene Preisgleitklauseln am Bau:
Materialgleitklausel bzw. Stoffpreisgleitklausel
Eine Materialgleitklausel oder Stoffpreisgleitklausel erlaubt es dem Auftragnehmer, seine Preise nachträglich anzupassen, wenn die Kosten für Baustoffe (Holz, Stahl und Co.) oder Betriebsstoffe (Energie, Treibstoff, Reinigungsmittel etc.) ansteigen.
Diese Klausel wird im Bauvertrag meist dann vereinbart, wenn die voraussichtlichen Einkaufspreise für Baumaterialien oder Betriebsstoffe zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht abschätzbar sind.
Tipp: Vom Statistischen Bundesamt (DE) wird zu bestimmten gewerblichen Produkten am 15. des Monats jeweils ein Erzeugerpreisindex ermittelt und veröffentlicht, so auch für ca. 70 verschiedene Baustoffe (Baumaterialien) und weitere Waren. Für den Baubetrieb relevant ist speziell die Fachserie 17, Reihe 2.
Lohngleitklausel bzw. Lohnpreisgleitklausel
Die Lohngleitklausel bezieht sich hingegen auf die Personalkosten eines Auftragnehmers. Ändern sich die Löhne und Gehälter während der Bauzeit, so sorgt sie dafür, dass der ursprüngliche Angebotspreis entsprechend erhöht werden kann. Das gilt jedoch nur für Lohnerhöhungen, die z. B. durch Tarifänderungen notwendig wurden – nicht für eine individuell vereinbarte Überzahlung.
Die Formulierung „Preisgleitklausel“ ist v. a. in Deutschland üblich. In Österreich ist häufig von „veränderlichen Preisen“ die Rede, damit ist dasselbe gemeint.

Wann sind Preisgleitklauseln erlaubt bzw. notwendig?
Preisgleitklauseln vereinfachen die Planung am Bau, denn damit werden steigende (und sinkende) Kosten abgefedert. Wichtig ist eine solche Klausel vor allem bei Projekten mit langer Bauzeit. Hier können unvorhergesehene Ereignisse während des Bauablaufs schnell einmal starke Preisschwankungen auslösen.
So etwa passierte es in den letzten Jahren mit der COVID-19-Pandemie und nur kurze Zeit später mit dem weiterhin andauernden Ukraine-Konflikt. Spätestens seit 2022 sind Preisgleitklauseln daher in aller Munde und Muster-Preisgleitklauseln fixer Bestandteil vieler Bauverträge.
Doch in welcher Form sind sie überhaupt erlaubt? Das sagen die wichtigsten Gesetze und Regelwerke:
Deutschland: Preisklauselgesetz, BGB und VOB
Gleich mehrere Gesetze sind in Deutschland zu Preisklauseln bzw. Vertragsänderungen bei schwankenden Preisen relevant:
Preisklauselgesetz
Zum einen gibt es ein eigenes Preisklauselgesetz (PreisklG), das besagt, dass der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert anderer Güter/Leistungen bestimmt werden darf, die mit den vereinbarten Gütern/Leistungen nicht vergleichbar sind. Anders formuliert sind Preisklauseln also größtenteils verboten. Es gibt jedoch Ausnahmen.
Relevant für den Bau sind die sogenannten Kostenelementeklauseln: Diese werden vereinbart, wenn die Selbstkosten des Auftragnehmers direkt durch die Preisentwicklung bestimmter Güter oder Leistungen beeinflusst werden.
Die Lohn- oder Materialgleitklausel ist genau ein solcher Fall. Diese im Bauvertrag festzuschreiben, ist in einem angemessenen Maß durchaus erlaubt. „Angemessen“ meint laut Preisklauselgesetz (§ 2), …
- dass die Preisanpassung nachvollziehbar sein muss,
- beide Parteien das Recht auf Anpassung haben,
- sich die Berechnung eng an der tatsächlichen Kostensteigerung orientiert
- und eine Kostenminderung ebenso berücksichtigt wird.

Regelung zu Preisschwankungen im BGB
Wenn bereits ein Vertrag besteht und keine Klausel vereinbart wurde, hilft der § 313 des BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) weiter. Dieser besagt, dass eine Anpassung des Vertrags verlangt werden darf, wenn …
- sich die Umstände, die zur Vertragsgrundlage geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben.
- man davon ausgehen kann, dass die Parteien unter den geänderten Umständen keinen bzw. einen anderen Vertrag geschlossen hätten.
- das Festhalten am unveränderten Vertrag für eine oder beide Parteien nicht zumutbar ist.
- sich wesentliche Vorstellungen, die für den Vertrag ausschlaggebend sind, als falsch herausstellen.
Zu diesen Umständen zählt jedenfalls auch eine starke Preissteigerung aufgrund internationaler Krisen und Konflikte – diese waren vorab von niemandem absehbar. Sollte eine Anpassung des Preises nicht zumutbar sein, kann die benachteiligte Partei gänzlich vom Vertrag zurücktreten.
Wichtig: Wurde ein Bauvertrag z. B. erst Mitte 2022 abgeschlossen, kann man sich nicht auf diesen Paragrafen berufen. Schließlich waren zu diesem Zeitpunkt Preisschwankungen längst absehbar.

Preisgleitklausel in der VOB und dem VHB-Bund
Laut § 7 der VOB/A darf dem Auftragnehmer „kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann“. Bei Projekten mit langer Bauzeit bedeutet dies, dass Preisgleitklauseln fast unumgänglich sind.
Handelt es sich um ein öffentliches Bauvorhaben, liefert das Vergabe- und Vertragshandbuch des Bundes (VHB-Bund) Richtlinien und Formblätter. Darunter die folgenden:
- Formblatt 224 für Lohngleitklauseln
- Formblatt 225 und 225a für Stoffpreisgleitklauseln
Wir haben für Sie die deutschen Formblätter von der offiziellen Seite des Bundes zusammengefasst inklusive der aktuellen Erlässe und deren Verlängerungen. Sie finden diese in unserem Download zu den Vorlagentexten für Preisgleitklauseln. Hier gelangen Sie zum Download.

Österreich: Veränderliche Preise lt. BVergG und ÖNORM A 2050
Im österreichischen Bundesvergabegesetz (BVerG) und in der ÖNORM A 2050 ist vom veränderlichen Preis die Rede, der angepasst werden darf, wenn sich die vereinbarten Grundlagen ändern. Was als Festpreis und was als veränderlicher Preis anzubieten ist, regelt § 29 des BVergG:
Veränderliche Preise sind immer dann zwingend zu vereinbaren, wenn …
- es sich um einen langfristigen Vertrag mit unzumutbaren Unsicherheiten handelt.
- die geplante Leistungsdauer 12 Monate überschreitet.
- preisbestimmende Kostenanteile enthalten sind, die starken Schwankungen unterliegen.
Die Regeln und Voraussetzungen zur Preisgestaltung müssen darüber hinaus im Vertrag so klar und deutlich bestimmt sein, dass sich der aktuelle Preis ohne Schwierigkeiten berechnen lässt. Die Berechnung kann auch nach entsprechenden ÖNORMEN (z. B. ÖNORM B 2111) erfolgen.
Ist vertraglich nichts vereinbart, hilft die ÖNORM B 2110 weiter: Pkt. 6.3.1 bestimmt, dass für alle Leistungen, die innerhalb von 6 Monaten nach Ende der Angebotsfrist abgeschlossen werden, automatisch Festpreise gelten. Alle Leistungen, die darüber hinausgehen, gelten als zu veränderlichen Preisen abgeschlossen.

Sonderregelungen zur Preisgleitklausel seit 2022
Bereits im Jahr 2021 zeichneten sich aufgrund der Pandemie stark schwankende Preissteigerungen ab, 2022 verschärfte sich die Situation durch den Ukraine-Krieg weiter. Wichtige Baumaterialien aus Russland und Umgebung, darunter Stahl und Erdölprodukte wie Bitumen, sind empfindlich teurer geworden.
Auf diese Kostensteigerung reagierte die deutsche Bundesregierung mit dem Erlass, dass neue Verträge der öffentlichen Hand Preisgleitklauseln beinhalten müssen. Dieser Erlass wirkt sich teils auch auf bestehende Verträge aus und macht dort nachträgliche Preisänderungen möglich. Ob die dafür nötige unzumutbare Mehrbelastung vorliegt, wird im Einzelfall festgestellt.
Ursprünglich sollte die Regelung nur bis Ende 2022 gelten, doch aufgrund der anhaltenden Schwierigkeiten wurden die Bedingungen vereinfacht und bis Juni 2023 verlängert.
Betroffen sind verschiedene Materialien wie Stahl und Bitumen, daneben z. B. Kupfer, Aluminium, Zementprodukte, Holz oder andere Stoffgruppen, wenn deren Anteil mindestens 0,5 % der Auftragssumme bzw. 5.000 Euro überschreitet. Der Selbstbehalt für den Auftragnehmer beträgt laut neuester Regelung immer 10 % der Preissteigerung bzw. -minderung.

In Österreich wies das Justizministerium bereits 2021 in einem Rundschreiben nochmals auf die geltenden Gesetze zu Festpreisen und veränderlichen Preisen hin – noch aufgrund der COVID-19-Pandemie. Zuvor bestand eine Präferenz zu Festpreisen, doch in der aktuellen Ausnahmesituation wird diese bei preislich stark schwankenden Rohstoffen ausgehebelt. So soll ein fairer Wettbewerb sichergestellt werden.
Ein Gleitpreis muss jedoch nicht nur rechtlich erlaubt, sondern auch klar vereinbart sein. Im Folgenden finden Sie Tipps zur richtigen Formulierung einer Muster-Preisgleitklausel:
Formulierung der Preisgleitklausel: Muster für Angebot & Bauvertrag
Eine beliebige Muster-Preisgleitklausel irgendwo versteckt in die Unterlagen einzufügen, ist eine denkbar schlechte Taktik für jeden seriösen Bauunternehmer. Generell gilt bei der Formulierung: Je offensichtlicher, deutlicher und verständlicher diese Klauseln kommuniziert und festgeschrieben werden, desto weniger Konflikte gibt es im späteren Verlauf des Bauvorhabens.
Eine wichtige Rolle kommt also bereits der Kommunikation vor der Aufnahme einer Preisgleitklausel in Angebot oder Vertrag zu. Dem Auftraggeber sollte von Beginn an klar sein,
- dass die Preise für die Leistungen schwanken können,
- weshalb diese Anpassungen nötig sind
- und in welchem Ausmaß die Schwankungen möglich sind.
Die plausible Begründung der Klausel ist besonders wichtig und sollte idealerweise durch einen Nachweis des Lieferanten belegt sein. So bleibt möglichst wenig Konfliktpotenzial, wenn es an Abschlagsrechnungen oder die Schlussrechnung geht.
Für die Aufnahme in die Vertragsunterlagen legen Sie sich am besten einen Mustertext mit Preisgleitklausel zurecht, der rechtlich einwandfrei sein sollte. Gerne stellen wir Ihnen dafür unsere Preisgleitklausel-Vorlage mit passenden Textbausteinen zur Verfügung, und weisen auf die größten Stolperfallen hin. Ebenso enthalten sind die Formblätter und wichtigsten Erlässe der Deutschen Regierung und des VHB-Verbundes.
Preisgleitklausel berechnen: Musterbeispiel
Wie lässt sich nun eigentlich die Preisgleitklausel berechnen? Wie schon erwähnt halten Sie sich dabei am besten an die Formblätter 224 und 225 des VHB-Bund oder an die ÖNORM B 2111. Eine allgemeine Preisgleitformel kann beispielsweise wie folgt aussehen:

Begriffserklärung:
P = Preis, M = Materialkosten, L = Lohnkosten
P0, M0 und L0 = Wert am Tag des Vertragsabschlusses
P1, M1 und L1 = Wert am Tag der Lieferung/Fertigstellung
a = Preisanteil (in Prozent), der unverändert bleibt
b = flexibler Preisanteil für Materialkosten
c = flexibler Preisanteil für Lohnkosten
Dieselbe Formel können Sie natürlich ebenso anwenden, wenn es sich jeweils nur um eine Lohnklausel oder eine Materialgleitklausel handelt. In diesem Fall wird der nicht benötigte Teil der Formel einfach herausgenommen.
Laut Formblatt 225 zur Materialgleitklausel sind andere Zeitpunkte zur Abrechnung ebenfalls möglich – etwa der Zeitpunkt des Materialeinbaus bzw. der Verwendung (bei Betriebsstoffen).
Übrigens: Die WKO stellt einen Online-Preisumrechner zur Baukostenveränderung zur Verfügung, der die veränderlichen Preise wahlweise nach ÖNORM B 2111 oder individuell berechnet.
BauMaster behält die Mehr- und Minderkosten für Sie im Blick!
Das Kostenmanagement am Bau ist keine einfache Disziplin. Noch weniger, wenn internationale Spannungsverhältnisse Unsicherheit bei allen Beteiligten auslösen. Auf höhere Selbstkosten haben sowohl Bauleiter und Architekten als auch ausführende Firmen wenig Einfluss.
Doch die alltägliche Kostenverfolgung auf der Baustelle kann sehr wohl ein Hebel sein, um an jeder Ecke einzusparen. Dabei hilft Ihnen z. B. das digitale Mehr- und Minderkostenmanagement mit BauMaster:
- Für jede Aufgabe und jeden Protokolleintrag, den Sie anlegen, lassen sich höhere und niedrigere Kosten gleich mit notieren.
- Dadurch entsteht automatisch eine saubere Kostenaufstellung, die Sie jederzeit einsehen können.
- Für den perfekten Überblick über alle Gewerke, Projekte etc. sorgt die globale Such- und Filterfunktion.
>> BauMaster als Baukostenmanagement-Software kennenlernen

Preisgleitklauseln mit Maß und Ziel einsetzen
Zum Abschluss nochmals der Hinweis: Preisgleitklauseln können für beide Vertragsparteien Vor- oder Nachteil sein. Denn sie können genauso gut in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen. Egal ob die Kosten steigen oder sinken, der Preis wird ebenfalls angepasst. Ob man sich im Vertrag also auf feste oder veränderliche Preise einigen will, sollte gut durchdacht sein und in beiderseitigem Austausch passieren.
Wenn Sie sich dann noch an die Regelungen zur Preisgleitklausel nach VOB, BGB, ÖNORM und Co. halten, steht der rechtssicheren Bauausführung und -abrechnung nichts mehr im Wege.
FAQ – Preisgleitklausel
Wie formuliere ich eine Preisgleitklausel?
Eine Preisgleitklausel sollte schon vorab kommuniziert werden und deutlich aus dem Vertrag/Angebot hervorgehen. Sie muss außerdem begründet sein und so formuliert werden, dass eine einfache Berechnung der Preisänderung möglich ist. Laden Sie sich dafür gerne unser Preisgleitklausel-Muster mit Beispiel-Formulierungen herunter!
Sind Preisgleitklauseln erlaubt?
Preisgleitklauseln sind zwar grundsätzlich verboten, aber in Ausnahmefällen erlaubt. Dazu zählen etwa Kostenelementeklauseln: wenn z. B. die Selbstkosten des Auftragnehmers direkt durch benötigte Materialien beeinflusst werden. Die Klausel muss jedoch klar formuliert sein, eine einfache Berechnung ermöglichen und darf keine Vertragspartei benachteiligen.
Welcher Index für Preisgleitklausel?
Für die Preisgleitklausel wird am Tag der Angebotsabgabe/Vertragsschließung der Preisindex eines bestimmten Materials festgehalten. In Deutschland ist dieser unter der jeweiligen GP-Nummer (Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken) zu finden. Diesen Preisindex verwaltet das Statistische Bundesamt. In Österreich kann z. B. der Preisumrechner der WKO genutzt werden.