Altbausanierung, Umbau, aber auch Neubau – bevor Sie starten, müssen erst einmal Informationen gesammelt werden. Die genaue Erfassung des Ist-Zustandes ist entscheidend, um die Machbarkeit eines Projekts zu bewerten, realistische Kostenschätzungen vorzunehmen und rechtliche wie technische Anforderungen abzustecken. Alles, was Sie über die Bestandsaufnahme wissen müssen, erfahren Sie hier.
- Was ist eine Bestandsaufnahme?
- Wer ist für die Bestandsaufnahme am Bau verantwortlich?
- Wann wird eine Bestandsaufnahme durchgeführt?
- Wie genau sollte die Beurteilung des Bestands sein?
- Wie erfolgt eine Bestandsaufnahme?
- Checkliste für die Bestandsaufnahme
- Effizient, transparent & nachhaltig: digitale Bestandserfassung
- Digitale Bestandsaufnahme am Bau als Wegweiser für die Zukunft
- FAQ zur Bestandserfassung
Was ist eine Bestandsaufnahme?
Eine Bestandsaufnahme (manchmal auch Bestandaufnahme) dient im Bauwesen dazu, den aktuellen Zustand eines Bauwerks festzustellen. Dazu werden die vorhandene Substanz, Anlagen und Ausstattungen detailliert erfasst. Das Ziel ist eine möglichst neutrale Bewertung des Bauwerks, aber auch das Schaffen einer Basis für die Planung von Bau-, Renovierungs- oder Erweiterungsprojekten. Ebenso kann sie zur Beweissicherung sinnvoll sein.
Die Bestandsaufnahme teilt sich meist in drei Bereiche:
- Maßliche Bestandsaufnahme
- Technische Bestandsaufnahme
- Energetische Bestandsaufnahme
Die Erfassung des Bestands ist übrigens eine besondere Leistung der Grundlagenermittlung lt. HOAI.
Maßliche Bestandsaufnahme
Die maßliche Bestandsaufnahme ist vor allem bei der Altbaumodernisierung ein entscheidender Schritt. Damit stellen Sie sicher, dass Sie mit vollständigen, korrekten und aktuellen Plänen arbeiten. Falls vorhanden, können Sie dafür auf bestehende Planunterlagen zurückgreifen.
Allerdings sind vorhandene Planunterlagen häufig unvollständig oder fehlerhaft, da in den Jahren nach Baufertigstellung regelmäßig kleinere Umbauarbeiten oder Ergänzungen passieren. Diese scheinen in den Bestandsplänen nur in den seltensten Fällen auf.
Eine Anfrage beim zuständigen Bauamt kann eventuell neuere Planunterlagen oder Änderungsanträge zum Vorschein bringen – bei vielen älteren Gebäuden ist jedoch eine komplette Neuvermessung der Bausubstanz mithilfe moderner Lasermessgeräte und Aufmaß-Apps zielführender.

Technische Bestandsaufnahme
Bei der technischen Bestandsaufnahme werden die Bauteile eines Gebäudes eingehend auf Zustand, Qualität und Funktionsfähigkeit geprüft. Dafür sind spezialisierte Kenntnisse zu Baumaterialien, technischen Verfahren und Konstruktionsarten notwendig.
Wichtige Aspekte, die dabei beurteilt werden, sind die folgenden:

Die technische Bestandsaufnahme findet mithilfe verschiedener technischer Verfahren und Werkzeuge statt: von einfachen Checklisten über Bewehrungssuchgeräte bis hin zu spezialisierten Methoden wie bautechnischer Endoskopie oder Thermografie. Sie zielt darauf ab, potenzielle Mängel zu identifizieren, zu bewerten und Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen zu planen.
Die technische Bestandsaufnahme gibt also klare Kriterien vor, wo bei Ihrem Projekt angesetzt werden kann bzw. muss. Auf dieser Grundlage ist es möglich, realistisch zu planen und die voraussichtlichen Kosten richtig einzuschätzen.
Energetische Bestandsaufnahme
Die energetische Bestandsaufnahme bewertet die Energieeffizienz eines Gebäudes. Untersucht wird die Hülle des Bauwerks samt Außenwänden, Keller, Dach, Türen und Fenstern, darüber hinaus die Haustechnik. Auch die typische Nutzung wird analysiert: etwa das Lüftungsverhalten und Nutzungszeiten.
Im Grunde ist diese energetische Bewertung zwar eine Fleißaufgabe, doch mit steigenden Energiepreisen und wachsender Nachfrage für energieeffizientes Bauen eine zunehmend sinnvolle Ergänzung. Ziel ist es, Einsparmöglichkeiten zu finden, welche die Energiekosten und den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes reduzieren.
Gerade ältere Bauwerke haben in diesem Bereich großes Optimierungspotenzial. Typische Problemzonen sind:

Gut zu wissen: Bestandsaufnahme vs. Bestandsanalyse
Beide Begriffe werden oft synonym verwendet. Genau genommen sind sie zwei Teile desselben Prozesses: Die Bestandsanalyse baut auf den Ergebnissen der Bestandsaufnahme auf. Sie führt alle Erhebungen zusammen und wertet diese aus. Daraus lassen sich Maßnahmen für Umbau, Sanierung oder Erweiterung ableiten.
Wer ist für die Bestandsaufnahme am Bau verantwortlich?
Die Bestandsaufnahme entscheidet zu einem großen Teil über den erfolgreichen Verlauf der Bauarbeiten. Demnach sollte sie nur von geeignetem Fachpersonal durchgeführt werden: Architekten, Ingenieure, Bausachverständige, Statiker oder Handwerksbetriebe.
Wann wird eine Bestandsaufnahme durchgeführt?
Die Bestandsaufnahme von Gebäuden dreht sich stets um deren Bewertung und Analyse. Dieser Schritt kann aus verschiedensten Gründen notwendig sein:
Bestandsaufnahme für den Altbau: Sanierung und Modernisierung
Eine gründliche Bestandsaufnahme ist entscheidend bei der Altbausanierung und Modernisierung. Sie liefert ein klares Bild des Ausgangszustands, dokumentiert diesen umfassend und zeigt, welche Maßnahmen zwingend notwendig sind. Dazu können die voraussichtlichen Sanierungskosten realistisch kalkuliert werden.
Bestandsaufnahme zur Grundlagenermittlung beim Neubau
Bei einem Neubau soll die Bestandsaufnahme in erster Linie den Zustand des Baugeländes und der angrenzenden Bereiche erfassen und dokumentieren. Dies umfasst z. B.:
Bestandsaufnahme nach Fertigstellung
In manchen Fällen werden Gebäude nach ihrer Fertigstellung nochmals genau vermessen. Dies dient üblicherweise der Überprüfung, ob exakt nach Vorgabe gebaut wurde, und kann für die spätere Nutzung des Bauwerks hilfreich sein.
Bestandsaufnahme zur Immobilienbewertung
Die Bestandsermittlung dient außerdem zur Bewertung einer Immobilie. In diesem Fall liefert sie eine fundierte Kauf- bzw. Verkaufsentscheidung und eine sachliche Verhandlungsbasis. Wichtig sind dabei:
Beweissicherung vor Baubeginn
Nicht zuletzt unterstützt die Erfassung des Bestands bei der Klärung von Meinungsverschiedenheiten, falls während der Bauarbeiten Schäden sichtbar werden. Denn so ist eindeutig feststellbar, ob der Schaden bereits vorhanden war oder während der Ausführung entstanden ist.
Auch eine Bestandsdokumentation bei Nachbargebäuden zur Beweissicherung ist häufig sinnvoll. Bei unkooperativen Nachbarn kann sie Schuldzuweisungen und teure Rechtsstreitigkeiten bei Beschädigungen verhindern.

Wie genau sollte die Beurteilung des Bestands sein?
Die Genauigkeit der Untersuchungen bestimmt sich durch zwei Faktoren:
Wie erfolgt eine Bestandsaufnahme?
Schritt für Schritt verläuft eine Bestandsaufnahme wie folgt:
- Schritt 1 – maßliche Bestandsaufnahme
- Sichtung vorhandener Bestandsunterlagen
- ggf. Beschaffung weiterer Unterlagen bei Eigentümer, Hausverwaltung und Behörden
- falls nicht möglich: Neuvermessung und Erstellung neuer Bestandspläne durch Fachexperten
- Schritt 2 – erste Sichtprüfung durch den Experten
- Schritt 3 – technische und energetische Bestandsaufnahme: Statik, Dämmung, Brandschutz, Schallschutz, Schadstoffe, Energieeffizienz
- Schritt 4 – Bestandsanalyse und Dokumentation der Ergebnisse
- Schritt 5 – Kostenberechnung und Festlegung der Maßnahmen: Kauf/Verkauf, Baumaßnahmen, Sanierung etc.

Checkliste für die Bestandsaufnahme
Besonders die technische Bestandsaufnahme fällt mitunter sehr umfangreich aus. Damit Sie bei der Ermittlung nichts vergessen, können Sie sich im Folgenden unsere praktische Checkliste herunterladen. So arbeiten Sie strukturiert nach Plan und vereinfachen außerdem die spätere Dokumentation.
Effizient, transparent & nachhaltig: digitale Bestandserfassung
Die Bestandserfassung im Bauwesen hat sich seit der ersten CAD-Software in den 1960er-Jahren erheblich weiterentwickelt. Die Nutzung dieser Möglichkeiten ist essenziell – nicht nur für Zeit- und Kostenersparnisse oder bessere Bauqualität, sondern auch für das Erreichen von Klimazielen. Einige Vorteile und Chancen der digitalisierten Bestandserfassung zeigen wir Ihnen hier:
Digitale Methoden und Werkzeuge zur Bestandsaufnahme
Die Arbeit mit Maßband hat längst ausgedient. Was früher Stunden oder Tage dauerte, ist heute oft ein Prozess von Minuten: Techniken wie Laserscanning und LiDAR (Light Detection and Ranging), Fotogrammetrie und Augmented Reality sind bereits auf dem handelsüblichen Smartphone in Form von Bau-Apps nutzbar.
Die so erfassten Daten werden in Cloud-Lösungen übertragen und können als Grundlage für die Erstellung eines 3D-Modells dienen. Mit Building Information Modeling (BIM) wird daraus ein kompletter digitaler Gebäudezwilling, der alle Elemente von der Planung bis zum Rückbau erfasst.
Diese genaue Datenbasis bietet zahlreiche Vorteile: Sie beschleunigt beispielsweise Fertigungsprozesse (z. B. serielle Vorfertigung passgenauer Materialien mit CNC-Maschinen), vereinfacht den Informationsaustausch zwischen Baubeteiligten und fördert die Wiederverwendung von Ressourcen.
Urban Mining: Wiederverwertung von Bestandsgebäuden
Die digitale Erhebung des Bestands kommt zudem nicht nur dem eigenen Bauwerk zugute. Vielleicht haben Sie in Diskussionen zur Zukunft der Baubranche oder beim Thema nachhaltiges Bauen schon einmal den Begriff “Urban Mining” gehört: die Wiederverwertung von Rohstoffen aus bestehenden Gebäuden möglichst nah am Baustandort.
Damit dies funktioniert, müssen Unternehmen allerdings wissen, wo welche Baustoffe verfügbar sind. Projekte wie Plattformen zur Erfassung verbauter Materialien (Materialkataster) unterstützen den Weg zur Kreislaufwirtschaft. Der Urban Mining Index verrät außerdem mehr über die Nachnutzungsfähigkeit verschiedener Bauweisen und -stoffe.
Datenverwaltung und Dokumentation mit Bestandsaufnahme-App
Dazu kommt das Einsparungspotenzial durch die Dokumentation der Bestandsaufnahme mit App:
BauMaster für die Bestandserfassung
Als Baumanagement- und Dokumentationssoftware nimmt Ihnen BauMaster das lästige händische Dokumentieren ab. Sie erstellen einmalig eine Protokollvorlage für die Bestandserfassung und dokumentieren damit vor Ort …
– schnell,
– lückenlos,
– nachvollziehbar
– und rechtssicher.
In der BauMaster-Plattform hinterlegen Sie außerdem spielend leicht alle Dokumente, nach Projekt geordnet. So entsteht eine übersichtliche digitale Bauakte. Suchen Sie später eine bestimmte Information, nutzen Sie die globale Suche, die in wenigen Sekunden alle Projekte und Dokumente nach Treffern durchforstet.
Digitale Bestandsaufnahme am Bau als Wegweiser für die Zukunft
Zusammengefasst ist die Bestandsaufnahme die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung von Bauprojekten. Das gilt besonders für die Sanierung oder den Umbau älterer Bausubstanz, ist aber auch bei Neubauten nicht zu unterschätzen. Mit fortschreitender Digitalisierung eröffnen sich neue Möglichkeiten: Genauere Daten, die schnell erfasst und einfach zugänglich sind, machen künftige Projekte günstiger, effizienter, hochwertiger und nachhaltiger.
FAQ zur Bestandserfassung
Was gehört in eine Bestandsaufnahme?
Die Bestandsaufnahme umfasst die maßliche, technische und energetische Erfassung eines Bauwerks. Wichtige Kriterien sind:
- korrekte Bestandspläne oder exakte Neuvermessung
- Statik
- Dämmung
- Brandschutz
- Schallschutz
- Gefahr- und Schadstoffe
- Energieeffizienz
Was ist eine technische Bestandsaufnahme?
Die technische Bestandsaufnahme bewertet die Bauteile eines Gebäudes hinsichtlich Zustand, Qualität und Funktionsfähigkeit. Dazu gehören die Prüfung von Statik, Tragfähigkeit, Dämmung, Brandschutz, Schalltechnik, Gefahr- und Schadstoffe sowie Energieeffizienz.
Warum Bestandsaufnahme?
Das Ziel der Bestandsaufnahme ist eine gute Informationsbasis für die Planung von Bau-, Renovierungs- oder Erweiterungsarbeiten. So lassen sich Maßnahmen und Kosten realistisch einschätzen. Ebenso kann sie zur Beweissicherung bei Nachbargebäuden oder nach Baufertigstellung sinnvoll sein.
Was ist eine Bestandsaufnahme bei einer Wohnung?
Im Immobilienbereich versteht man unter einer Bestandsaufnahme zum einen die neutrale Beurteilung eines Wohnobjekts für den Kauf/Verkauf. Zum anderen ist damit ein Dokument gemeint, das vor Einzug eines Mieters den Zustand einer Wohnung festhält. So kommt es beim Auszug des Mieters zu weniger Konflikten.