Der Begriff “Ersatzvornahme” beschreibt das Durchführen einer Handlung anstelle des Handlungspflichtigen – auf dessen Kosten. Besonders häufig eingesetzt wird die Ersatzvornahme am Bau: Sie ist das Mittel der Wahl, wenn ein Bauunternehmen einen Mangel nicht zeitnah behebt.
Damit in der Praxis nichts schief läuft, sollten Sie die Rechtslage kennen: Die Regelungen zur Ersatzvornahme aus VOB, BGB und ABGB/ÖNORM finden Sie hier zusammengefasst.
Sie suchen eine Vorlage für die schriftliche Ankündigung der Ersatzvornahme? Hier geht’s zu unserem Musterschreiben!
Was ist eine Ersatzvornahme am Bau?
Eine Ersatzvornahme ist im Baurecht die Beseitigung eines Mangels auf Kosten der dafür verantwortlichen Baufirma. Dafür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Auftraggeber muss erst zur Mängelbeseitigung auffordern und dem Auftragnehmer eine angemessene Frist setzen. Erst nach Ablauf der Frist kann eine Ersatzvornahme stattfinden.
Dabei ist entweder eine Selbst- oder Fremdvornahme möglich: Entweder führen Sie also die Nachbesserungsarbeiten selbst durch, oder beauftragen ein drittes Unternehmen mit der Mängelbehebung.
Beispiel für eine Ersatzvornahme:
Ein Tischlereibetrieb hat die Innentüren für einen Neubau gefertigt und eingebaut. Bei der Besichtigung bemerkt die Bauleiterin, dass zwei Türen beschädigt sind und nicht richtig schließen. Sie meldet den Mangel bei der Tischlerei und fordert die Mängelbeseitigung ein.
Nach mehrmaliger Nachfrage reagiert das Unternehmen jedoch immer noch nicht. Sie setzt dem Betrieb sogar eine Nachfrist, doch auch diese verstreicht. Schließlich kündigt die Bauleiterin die Ersatzvornahme an und beauftragt ein anderes Unternehmen, das die Türen repariert. Die entstandenen Kosten fordert sie vom ursprünglichen Betrieb zurück.
Damit Auftraggeber und -nehmer vor unrechtmäßigen Anschuldigungen und Forderungen geschützt sind, werden Ersatzvornahmen im Baurecht an strenge Vorgaben geknüpft: Was nach welchem Gesetz zu beachten ist, erfahren Sie jetzt.
Ersatzvornahme nach BGB
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 637) findet man statt Ersatzvornahme den Begriff Selbstvornahme: Wenn der Auftraggeber einen Mangel entdeckt, muss er diesen rügen und eine angemessene Frist zur Beseitigung setzen. Läuft diese Frist ab, darf er den Mangel selbst beseitigen.
Die erforderlichen Aufwendungen werden dem Auftragnehmer in Rechnung gestellt. Falls nötig, kann auch ein Vorschuss zur Deckung der Beseitigungskosten verlangt werden. Eine Selbstvornahme ist jedoch nicht möglich, wenn der Auftragnehmer die Beseitigung zu Recht verweigert, weil sie beispielsweise unmöglich/unzumutbar ist.

Andererseits muss der Auftraggeber nicht immer eine Frist setzen und abwarten. Dies ist etwa nicht erforderlich, wenn …

Was als angemessene Frist für eine Mängelbeseitigung gilt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich: Ein tropfender Wasserhahn lässt sich etwa in wenigen Tagen beheben, während für Feuchtigkeitsschäden im Keller umfangreiche Sanierungsarbeiten erforderlich sind. Mehr dazu erfahren Sie auch in unserem Ratgeber zur Mängelbeseitigung.
Wichtig ist jedenfalls, dass Sie diese Frist abwarten: Bis zum Fristende darf nicht selbst oder durch Dritte nachgebessert werden. Man könnte Ihnen sonst vorwerfen, den Mangel selbst verursacht oder verschlimmert zu haben.
Tipp: Dokumentieren Sie laufend den Ist-Zustand eines Mangels. Machen Sie Fotos oder Videos vom betroffenen Bauteil und speichern Sie diese Fotos z.B. in einer Bauprojektmanagement App. Damit stellen Sie sicher, dass Sie den Mangel nicht selbst verursacht oder verschlimmert haben und können auf Wunsch alle Beteiligten in Echtzeit darüber informieren.
Ersatzvornahme nach VOB
Handelt es sich um einen VOB-Vertrag, kommen zwei Paragrafen in Betracht: Für einen Mangel während der Bauausführung greift § 4 VOB/B, nach Bauabschluss ist die VOB-Ersatzvornahme in § 13 VOB/B geregelt.

Wann (und bei welchen Mängeln) ist eine VOB-Ersatzvornahme möglich?
Grundsätzlich haftet ein Bauunternehmen laut VOB für Mängel, …
Der Auftragnehmer ist dazu verpflichtet, solche Mängel zu beheben, sofern der Auftraggeber vor Ablauf der VOB-Gewährleistung (üblicherweise 4 Jahre) eine schriftliche Mängelanzeige inkl. Nacherfüllungsfrist stellt. Erst wenn die Frist abläuft, kann eine Ersatzvornahme auf Kosten des Auftragnehmers eingeleitet werden.
Konkret heißt es dazu im § 13 VOB/B:
“Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nach, so kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen.”
Verweigert die Baufirma noch während der Bauausführung die Behebung eines Mangels, sollte im Zuge dessen gleich die Vertragskündigung angedroht werden.
Dazu findet sich folgender Passus in § 4 VOB/B:
“Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nach, so kann ihm der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde (§ 8 Absatz 3).”
Zusätzlich gibt es auch in der VOB einige Ausnahmen, in denen der Auftragnehmer im Recht ist und eine Ersatzvornahme nicht durchgeführt werden kann.
Wann ist eine VOB-Ersatzvornahme nicht möglich?
Der Auftragnehmer darf die Beseitigung verweigern, wenn sie …
- … unzumutbar,
- unmöglich
- oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand durchführbar ist.
In jedem der oben genannten Fälle tritt § 638 BGB in Kraft und der Auftraggeber darf stattdessen die Vergütung mindern.
Eine weitere Besonderheit der VOB ist, dass der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel 2 Jahre nach Zustellung der Mängelrüge verjährt – jedoch nicht vor Ende des vereinbarten Gewährleistungszeitraums.

Ersatzvornahme in Österreich: ABGB & ÖNORM
Das österreichische ABGB und die bauspezifische ÖNORM B 2110 bezeichnen die Ersatzvornahme als eine Form von Abhilfe. Konkret stehen dem Auftraggeber (nach ABGB § 932, § 933 und § 933a) folgende Abhilfen offen:
Die Ersatzvornahme fällt unter den Punkt “Geldersatz” (§ 933a). Bevor Geldersatz möglich ist, muss erst die Nachbesserung bzw. der Austausch gefordert werden – wieder inklusive angemessener Frist. Anschließend erlaubt es die Rechtslage, die Leistung durch einen Dritten ausführen zu lassen und die Kosten zurückzufordern. Das gilt einerseits bei Ablauf der Frist, aber auch, wenn der Auftragnehmer die Nacherfüllung verweigert.

Die ÖNORM B 2110 bietet dem Auftragnehmer außerdem die Möglichkeit der vorläufigen Behebung (Pkt. 12.2.4.5). Auf die behelfsmäßige Reparatur muss jedoch später die endgültige folgen. Sämtliche Kosten trägt der Auftragnehmer.
Ankündigung der Ersatzvornahme
Sie haben einen Mangel bei der Baufirma angezeigt und die Nachfrist ist verstrichen? Dann sollten Sie als Auftraggeber nun die Ersatzvornahme ankündigen. Mit diesem Schritt sichern Sie sich ab, falls es zu einem Rechtsstreit kommt.
Die Ankündigung der Ersatzvornahme sollte unbedingt schriftlich erfolgen. Schreiben Sie darin ausdrücklich, dass …
Weiters zu nennen sind der Bauvertrag sowie relevante Details zur Leistung und zum Mangel. So gehen Sie sicher, alles dokumentiert zu haben, was für die Beweissicherung später nötig sein könnte.

Ankündigung der Ersatzvornahme als Download
Sie sind unsicher, wie Sie das Dokument zur Ankündigung der Ersatzvornahme formulieren sollen? Dann nutzen Sie gerne unser Muster mit beispielhaften Textbausteinen:
Sie sind erst dabei, den Mangel zu rügen? Auch hierfür stellen wir Ihnen in unserem Ratgeber zur Mängelanzeige nach VOB gerne zwei Vorlagen bereit.
Dokumente und Schriftverkehr sicher verwahren
Wenn es zu einer Ersatzvornahme kommt, ist diesem Schritt mindestens eine Mängelrüge vorausgegangen – üblicherweise aber auch eine lange Reihe an Kontaktversuchen oder Auseinandersetzungen zwischen den beteiligten Parteien. Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie den gesamten Schriftverkehr sicher verwahren.
Im Idealfall setzen Sie dafür auf digitale Dokumentenverwaltung, beispielsweise mit BauMaster:
Dort sind all Ihre wichtigen Unterlagen an einem Ort gespeichert und stets auf dem Smartphone oder Tablet mit dabei. Sollte es zu einer Auseinandersetzung rund um einen Baumangel kommen, rufen Sie über die globale Suche in wenigen Sekunden alle Informationen auf. So einfach geht beweissicheres Bauen!
Noch bequemer wird es, wenn Sie das gesamte Gewährleistungsmanagement von Anfang an in die praktische App verlagern: Mängel ganz einfach unterwegs dokumentieren, als Aufgabe zuweisen und den aktuellen Erledigungsstatus jederzeit verfolgen.
Ein besonderer Mehrwert nur bei BauMaster: Textvorlagen
Für alle gängigen Rechtsthemen, wie Mängelanzeigen, Fertigstellungsanzeigen oder Ersatzvornahmen u. s. w. erhalten Sie in den BauMaster-Protokollen top recherchierte Textvorlagen, die sich mit einem Klick einfügen lassen. Die Textvorlagen können auch individuell angepasst und als eigene Vorlagen projektübergreifend gespeichert werden.
Erfahren Sie dazu gleich mehr:
Die Kostenfrage bei der Ersatzvornahme am Bau
Darüber hinaus wird es in puncto Ersatzvornahme immer kritisch bei der Frage, welche Kosten die für den Mangel verantwortliche Baufirma übernehmen muss. Dazu ein Auszug aus einem Rechtsspruch des OLG Celle vom 04.08.2016 (13 U 104/12):
“Der Auftragnehmer hat bei der Ersatzvornahme diejenigen Kosten zu erstatten, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung aufgrund sachkundiger Beratung für erforderlich halten durfte.
Erforderlich sind diejenigen Kosten, die der Auftraggeber für die Selbstvornahme aufgewendet hat, solange er nicht annehmen musste, dass sie unnötig, unzweckmäßig oder überteuert sind.
Die Kosten sind überhöht, wenn eine preiswertere Sanierung erkennbar möglich und zumutbar war. Der Auftraggeber ist aber nicht gehalten, einen besonders preisgünstigen Drittunternehmer zu finden. Einen überhöhten Preis kann er auch dann akzeptieren, wenn die Sanierung dringend ist.”

Kurzum muss die Ersatzvornahme also möglichst vernünftig und wirtschaftlich durchgeführt werden, zu einem der Situation angemessenen Preis. Ein teures Angebot ist nur dann erlaubt, wenn die Beseitigung des Mangels aus triftigem Grund sehr dringlich ist.
Was das im Einzelfall bedeutet, ist natürlich sehr unterschiedlich:
Ersatzvornahme nach VOB & Co.: idealerweise nur im Notfall
Auch wenn die Rechtslage klar ist, läuft in der Praxis selten alles nach Plan. Betrachten Sie die Ersatzvornahme jedoch trotzdem nur als letzten Ausweg. Gibt es noch eine Möglichkeit, die Situation abseits des Rechtswegs zu retten, sollten Sie diese nutzen. Erst, wenn alle Kontaktversuche scheitern, kann die Ersatzvornahme zumindest dafür sorgen, dass Sie nicht auf Ihren Kosten sitzen bleiben.
FAQ: Ersatzvornahme & Baurecht
Wann ist eine Ersatzvornahme möglich?
Eine Ersatzvornahme ist zulässig, wenn der Auftraggeber schriftlich zur Nachbesserung eines Mangels innerhalb einer angemessenen Frist aufgefordert hat und diese Frist abgelaufen ist. In Einzelfällen muss die Frist nicht abgewartet werden, z. B. wenn der Auftragnehmer die Beseitigung des Mangels endgültig verweigert.
Was ist bei einer Ersatzvornahme zu beachten?
Ausschlaggebend ist, dass dem Auftragnehmer schriftlich eine angemessene Frist zur Nacherfüllung eingeräumt wird. In dieser Zeit darf nicht selbst oder durch Dritte nachgebessert werden. Erst nach Fristende darf die Ersatzvornahme tatsächlich stattfinden.
Was sind Kosten der Ersatzvornahme?
Zu den Kosten der Ersatzvornahme zählen all jene Aufwendungen, die dem Auftraggeber durch die eigenhändige Beseitigung des Mangels entstanden sind. Diese müssen allerdings in einem angemessenen Rahmen sein – also nicht unnötig, unzweckmäßig oder überteuert.
Wie schreibe ich eine Ersatzvornahme?
Die Ankündigung der Ersatzvornahme sollte mindestens einen Hinweis darauf enthalten, dass die Frist der Mängelanzeige abgelaufen ist und Sie nun die Möglichkeit der Ersatzvornahme nutzen. Vergessen Sie außerdem nicht, den Bauvertrag und die betroffene Leistung bzw. den Mangel zu benennen.